Glutamate: Was gibt es zu beachten?

Man kann mit allen Lebens­mitteln schmack­hafte Gerichte zubereiten, aber einige schmecken einfach besonders lecker – sie lassen uns förmlich das Wasser im Munde zusammen­laufen. Woran liegt das?



Für den guten Geschmack sorgt eine bestimmte Amino­säure, die sogenannte L-Glutamin­säure (abgekürzt Glu). Die Salze dieser Aminosäure nennt man Glutamate. Aminosäuren sind die Bausteine von Proteinen und alle eiweiß­haltigen Lebens­mittel enthalten einen gewissen Anteil an Glu. Eine geschmacks­verstärkende Wirkung hat Glu allerdings nur, wenn sie aus den Proteinen herausgelöst wird und in ihrer freien Form vorliegt. Lebens­mittel, die einen hohen Anteil an freier L-Glutaminsäure enthalten, stimulieren bestimmte Geschmacks­rezeptoren auf der Zunge und sorgen so für den sogenannten Umami-Geschmack, der vielleicht am ehesten mit dem Geschmack von kräftiger Fleischbrühe vergleichbar ist.

Hohe Konzentrationen an Glu findet man beispiels­weise in Soja­sauce, gereiftem Käse oder Tomaten. Bestimmte Zubereitungs­methoden (z. B. langes Garen oder Fermentation) sind besonders dazu geeignet, möglichst viel Glutamin­säure in ihre freie Form überzuführen, was den Geschmack eines Lebens­mittels deutlich intensiviert (siehe Abbildung 1). Im Laufe der Zeit hat der Mensch instinktiv gelernt, durch geschicktes Kombinieren von Zutaten und Zubereitungs­methoden besonders schmack­hafte Gerichte aus den zur Verfügung stehenden Zutaten zuzubereiten.

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Abbildung 1: Proteine sind aus langen Amino­säure­ketten aufgebaut. Jeder Kreis repräsentiert eine Amino­säure, z. B. Glu für L-Glutaminsäure. Durch langes Kochen oder Fermentation kann Glu aus der Kette herausgelöst werden und kann dann seine geschmacks­verstärkende Wirkung entfalten.


Einsatz von Geschmacks­verstärkern


Ein beliebtes Hilfsmittel, um den Geschmack zu verbessern, ist die Verwendung bestimmter Würzsaucen (z. B. Sojasauce oder vergleichbare Saucen auf Getreidebasis). Soja und Getreide enthalten eine hohe Konzentration an L-Glutaminsäure, die durch einen Fermentationsprozess aus den Proteinen abgespalten wird. Die Saucen sind deswegen von Haus aus stark glutamat­haltig und werden (v. a. in der asiatischen Küche) als natürlicher Geschmacks­verstärker eingesetzt.

Der Geschmack von Lebens­mitteln lässt sich auch durch den Einsatz von Zusatz­stoffen verstärken. L-Glutamin­säure und ihre Salze werden mit den Lebensmittel­zusatzstoff­nummern E 620–E 625 gekennzeichnet. Am häufigsten zum Einsatz kommt Mononatrium­glutamat (E 621), das einfachste Salz der Glutaminsäure. Die Tatsache, dass uns glutamathaltige Lebensmittel besonders gut schmecken, wird von der Lebens­mittel­industrie gerne ausgenutzt. Reichert man Lebens­mittel mit Geschmacks­verstärkern an, können wir uns beim Essen häufig kaum bremsen. Viele Menschen essen dadurch größere Portionen, als sie eigentlich wollen, wodurch das Risiko für Übergewicht ansteigt. Außerdem gewöhnt man sich schnell an Geschmacks­verstärker – Lebens­mittel ohne diese Zutat werden häufig als fad wahrge­nommen und man greift unbewusst immer wieder zur Variante mit Geschmacks­verstärkern.

Für die Lebensmittel­industrie haben Geschmacks­verstärker noch einen weiteren Vorteil: Der Geschmack wird aufgewertet und man kann bei der Produktion Zutaten mit geringerer Qualität einsetzen und somit Kosten einsparen.

Von einem chemischen Standpunkt aus betrachtet unterscheiden sich Glutamate in Form von Zusatz­stoffen nicht von natürlichen Glutamaten. Der Körper verstoff­wechselt beide Formen im Darm auf die gleiche Art. Allerdings enthält angereichertes Essen (z. B. asiatische Suppen) häufig eine deutlich höhere Glutamat­konzentration (siehe Abbildung 2).

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Abbildung 2: Typischer Glutamat­gehalt pro Portion in verschiedenen Lebensmitteln.


Mögliche Neben­wirkungen von Glutamaten


Der Einsatz von Geschmacks­verstärkern ist schon seit Längerem in Verruf geraten und viele Verbraucher möchten sie deswegen gerne meiden. Glutamate sind in hohen Konzentrationen sowohl für Tiere als auch für Menschen schädlich. Aus diesem Grund wurden Grenz­werte für die Verwendung von Glutamat in Lebens­mitteln festgelegt, die laut aktuellem Kenntnis­stand als sicher erachtet werden. Dennoch bleiben zumindest Zweifel über die Unbedenklichkeit, denn es gibt aus Studien am Menschen und an Tieren viele Hinweise auf mögliche Neben­wirkungen.

Bei einigen empfindlichen Menschen können Glutamate Kopf­schmerzen, Bauchschmerzen, Asthma, Taubheits­gefühl oder Schwäche, Nesselsucht oder andere entzündliche Haut­reaktionen hervorrufen. Allerdings ist die Zahl der Betroffenen vergleichs­weise gering und dürfte in der Größenordnung von etwa 2 % der Bevölkerung liegen. Häufig werden die Reaktionen unter dem Begriff „Chinarestaurant­syndrom“ zusammengefasst, allerdings entstand dieser Ausdruck historisch betrachtet wohl eher mit der Absicht den Betreibern der Restaurants zu schaden. Bislang ist tatsächlich unklar, ob die Beschwerden wirklich durch Glutamat ausgelöst werden oder ob evtl. andere Substanzen, z. B. Histamin und andere biogene Amine, eine Rolle spielen.

Aus regelmäßigen Stichproben weiß man, dass die zulässige Gesamt­menge an Glutamaten besonders in asiatischen Restaurants häufig überschritten wird, da dort beim Kochen Mononatrium­glutamat (leider häufig unter dem Credo „Viel hilft viel“) verwendet wird. Im Jahr 2012 stellte das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittel­sicherheit bei etwa 10 % der Stichproben von Suppen Überschreitungen der zulässigen Grenzwerte fest. Außerdem erfolgt häufig eine nur unzureichende Kenn­zeichnung der Zutaten.


Verstecke Quellen für Glutamat


Für Betroffene, die Glutamat nicht vertragen, ist es natürlich besonders problematisch, wenn glutamathaltige Lebens­mittel nicht ausreichend gekenn­zeichnet werden. Schlimmer noch, einige Hersteller sind dazu übergegangen, Mononatrium­glutamat durch Zutaten zu ersetzen, die nicht explizit als Geschmacks­verstärker gekennzeichnet werden müssen:
  • Hefeextrakte
  • autolysierte Hefe
  • hydrolisierte Proteine
  • Brühe
  • Würze bzw. Speisewürze
  • Tomatenpulver
  • Fleischextrakt
  • Sojawürze
  • Sojasaucenpulver
  • fermentierter Weizen
  • Aroma

Die oben aufgelisteten Zutaten gelten als versteckte Quellen für Glutamat (vgl. Abbildung 3). Bei der Herstellung wird Glutamat enzymatisch aus einer eiweißreichen Ausgangs­substanz (z. B. Hefe) abgespalten und erreicht dadurch hohe Konzentrationen. Da es sich dadurch offiziell um natürliche Zutaten handelt, darf z. B. Hefeextrakt auch in Bioprodukten verwendet werden, bei denen der Geschmacks­verstärker Glutamat eigentlich verboten ist.

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Abbildung 3: Typische Zutatenliste von industriell verarbeiteten Lebensmitteln mit versteckten Quellen für Glutamate.

Einige Hersteller bewerben diese Produkte sogar noch dreist als „frei von Geschmacks­verstärkern“. In den USA gibt es mittlerweile Bestrebungen, dass die entsprechenden Lebensmittel mit „enthält Glutamat“ gekennzeichnet werden müssen. In Europa besteht derzeit keine Kennzeichnungs­pflicht. Man sollte deswegen die Zutatenliste genau studieren und auf die entsprechenden Einträge achten.


Zusammen­fassung


Zusammenfassend kann man sagen, dass man mit natürlichen Lebens­mitteln die vom Gesetzgeber festgelegten Grenz­werte für die Tages­aufnahme praktisch nicht erreichen kann. Die größte Gefahr der Überdosierung besteht hauptsächlich in asiatischen Restaurants, weil dort Glutamate standardmäßig verwendet werden. Empfindliche Menschen sollten dort besonders vorsichtig sein und auf der Zubereitung ohne Glutamat bestehen. Allerdings sind selbst in diesem Fall höchst­wahrscheinlich Glutamate im Essen, weil auch Soja- oder Fischsauce viel Glutamat enthalten. Glutamat bildet auch in anderen Restaurants häufig die Grundlage für Suppen, weswegen man auch hier generell vorsichtig sein sollte.


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Quellen:
  1. T. Populin et al., A survey on the presence of free glutamic acid in foodstuffs, with and without added monosodium glutamate, Food Chemistry 104 (2007), 1712–1717
  2. S. Jinap et al., Glutamate. Its applications in food and contribution to health, Appetite 55 (2010), 1–10
  3. https://www.lgl.bayern.de/­lebensmittel/­warengruppen/­wc_14_suppen_sossen/­ue_2012_suppen­_sossen.htm (01/2019)
  4. H. Schöffl, Bestimmung des Gehaltes an Glutamat in Lebensmitteln, AK Wien, 2012